Let’s talk about…Erzieher*in – Klassenleitung-Edition

Angelika Both, Lehrkraft an der bunta, ist eine Allrounderin im Sozialbereich. Sie unterrichtet sowohl angehende Kinderpfleger*innen als auch angehende Erzieher*innen. Ist sie nicht gerade in der Schule zu finden, so ist sie mit ihren Schüler*innen draußen für praktischen Unterricht „zum Erleben“ – ob im angrenzenden IGA Park, im Wald, oder bei einer Ausstellung. Liebe Angie, danke, dass du heute unsere Interviewpartnerin für den Ausbildunsgang Erzieher*in bist!
„Sehr gern und danke für die Vorstellung!“
Wie lange bist du schon an der bunta als Lehrerin tätig?
„Ich bin seit sechs Jahren im Fachbereich Soziales unterwegs.“

(Foto: Angelika Both, Lehrkraft im Fachbereich Soziales)
Wow, in dieser Zeit hast du sicher einiges in der bunta und mit deinen Kolleg*innen und Schüler*innen erlebt.
„Definitiv! Insbesondere die Erzieher*inklassen sind häufig bunt und dynamisch, da sich diese zusammensetzen aus Abiturient*innen, Quereinsteiger*innen und Absolvent*innen der Kinderpflege und/oder Sozialassistenz. Man hat also vielfältige und spannende Lebensgeschichten und Biografien, die den Schulalltag superinteressant machen.“
Absolut! Gibt es aber etwas, dass alle angehenden Erzieher*innen eint?
„Nach der Ausbildung sitzen sie höchstwahrscheinlich nicht einsam am Schreibtisch und tüfteln alleine vor sich hin. Dementsprechend ist es wichtig, dass sie alle gerne mit anderen Menschen zusammenarbeiten. Sie brauchen soziale Kompetenzen, wie Empathie, Wertschätzung, Toleranz und Teamfähigkeit. Die Auszubildenden sollten anderen Menschen offen und wertschätzend gegenüber sein und einen ressourcenorientierten Blick haben – egal, wer vor ihnen steht.“
Da hast du Recht. Nach ihrem Abschluss werden die meisten unserer jetzigen Auszubildenden im Ausbildungsgang Erzieher*in mit Menschen zusammenarbeiten – ob im Team, mit Erziehungsberechtigten, oder eben natürlich mit den Kindern und Jugendlichen. Gibt es noch weitere Kompetenzen und Fähigkeiten, die die Auszubildenden mitbringen, oder entwickeln sollten?
„Während ihrer Ausbildung beschäftigen sich die Schüler*innen auch viel mit sich selbst. Sie lernen ihre eigenen Stärken und Schwächen kennen, gehen in die Selbstreflexion, stellen sich persönlichen Herausforderungen und wachsen. Dafür braucht es Offenheit, Authentizität und Stärke.
Auch sollten sie Freude daran haben, andere Menschen in ihrer Entwicklung begleiten zu dürfen. Viele Auszubildenden motiviert es, dass sie mit ihrer Arbeit einen sinnvollen gesellschaftlichen Beitrag leisten können. Auch das Interesse an pädagogischer Entwicklung, der Bildungsarbeit sowie den verschiedensten Konzepten hilft bei der Wahl zu diesem Arbeitsfeld. Wenn man sich darauf einlässt, ist es eine lebenslange spannende und bereichernde Weiterbildung, die immer Praxis und Theorie verknüpft.“
Apropos Theorie und Praxis…Welche Fächer und Module stehen auf dem Stundenplan in der Erzieher*inausbildung?
„Puh, ich glaube, wenn ich das alles aufzähle, dann hören die Leser*innen hier mit der Lektüre auf.“
Hahahaha.
„Aber als kurzen Überblick: Es gibt neben den allgemeinbildenden Fächern, wie z. B. Deutsch, Sozialkunde und Philosophie, neun Module. Diese beinhalten dann nochmal verschiedene Fächer, die allesamt relevant für die Praxis später sind. Dazu gehören Spiel, Psychologie, Entwicklung, berufliche Rolle, Kommunikation, Heterogenität, Umweltbildung, Medienkompetenz, Bewegung, Kunst, Musik, Vernetzung, …“

„Lass es mich tun und ich behalte es.“
Das ist wirklich eine Bandbreite! Und wie sieht es mit dem praktischen Anteil der Ausbildung aus?
„Auch die Erzieher*inausbildung ist gespickt mit verschiedenen Projekten und fachübergreifender Zusammenarbeit – ähnlich, wie es dann auch in der Praxis läuft. Es gibt tolle Medien-, Musik-, Theater- und Waldprojekte. Auch die Organisation und Durchführung von Festen und Veranstaltungen, in z. B. Kitas, ist möglich. Aber auch gesellschaftliche, politische oder philosophische Themen werden gerne in Form von Projekten bearbeitet. Die Resultate sind immer spannend und auch wir Lehrkräfte lernen in diesem Moment von und mit den Schüler*innen.“
„Ansonsten absolvieren die Schüler*innen im ersten Ausbildungsjahr zwei Praktika für jeweils sechs Wochen. Im zweiten Ausbildungsjahr kommt dann das Prüfungspraktikum auf sie zu. Das umfasst zwölf Wochen.“
Werden die Schüler*innen auch in unseren hauseigenen Handwerksräumen tätig?
„Ja. Der Musikraum sowie die Kunsträume werden oft von den angehenden Erzieher*innen genutzt. Zudem befindet sich auch die Holzwerkstatt im Haus sowie ein Multifunktionsraum mit verschiedensten Material und Geräten, die variabel einsetzbar sind. Und natürlich nicht zu vergessen – unser grünes Klassenzimmer und der direkt angrenzende IGA Park, der für Unterrichtsthemen genutzt wird.“
Theorie und Praxis zu verknüpfen, ist einer der bunta-Merkmale. Warum findest du, dass das so wichtig ist?
„Naja, es ist eine schulische und größtenteils theoretische Ausbildung – jedoch ein größtenteils praktischer Beruf. Da passen die weisen Worte von Konfuzius: „Sage es mir, und ich vergesse es; zeige es mir, und ich werde mich erinnern; laß es mich tun, und ich behalte es.“
Das bringt es auf den Punkt. Bleiben wir bei den Praktika. Die Praktikumseinsätze der Schüler*innen finden in verschiedenen Bereichen statt. Warum ist das so?
„Erzieher*innen arbeiten mit Menschen zwischen 0 und 27 Jahren zusammen. Auch, wenn sich Schüler*innen manchmal sicher sind, in welchem Bereich sie später tätig sein möchten, so ist es erfahrungsgemäß doch so, dass sich solche Priorisierungen im Laufe des Arbeitslebens auch mal ändern können. Die Ausbildung bietet die beste Möglichkeit, sich in den verschiedenen Altersgruppen und Bereichen auszuprobieren und manchmal auch neu kennenzulernen. Es ist nicht selten, dass Schüler*innen skeptisch und verhalten in einen Bereich hineingehen (z. B. Wohngruppe mit Jugendlichen) und im Nachhinein euphorisch in der Schule darüber berichten, was für eine tolle Erfahrung das war.“

Bestandteil im Leben vieler Menschen werden & Spuren hinterlassen
Das stimmt! Die Praktika helfen den Schüler*innen natürlich, sich bestmöglich auf ihren zukünftigen Berufsalltag vorzubereiten. Sie sind aber zugleich eine tolle Möglichkeit, um sich und ihre beruflichen Wünsche und Ziele kennenzulernen. Lass uns nun auf den Beruf der*des Erzieher*in schauen. Was macht den Beruf so wertvoll?
„Ich persönlich finde diesen so wertvoll, weil man zu einem Bestandteil im Leben vieler Menschen wird. Wenn wir unseren eigenen Werdegang reflektieren, so gibt es viele Menschen auf unserem Weg, die uns begleitet haben und ihren Teil zu unserem Sein und Werden beigetragen haben. Doch einen Anteil machen pädagogische Fachkräfte aus – ob in Kita, Hort, Schule, Jugendclub – sie sind präsent und können Spuren hinterlassen.
Auch das Begleiten von Menschen in genau diesem Prozess des Werdens und Entwickelns finde ich unheimlich spannend, faszinierend und schön. Damit einher geht aber auch eine große Verantwortung. Wenn man sich dieser Position bewusstwird, sollte man diese auch mit Umsicht und Bewusstsein besetzen.“
Wie sieht der Arbeitsalltag von Erzieher*innen aus? Vor welche Herausforderungen werden sie vielleicht auch gestellt?
„Das sind wirklich große Fragen. Ich denke, die Antwort auf die zweite Frage ist gleichzeitig die Antwort auf die erste. Das Zusammenarbeiten mit verschiedensten Menschen und Menschengruppen ist wohl eine der Herausforderungen. Wer sich einen Job in der Kita angelt, der arbeitet nicht nur mit den 15 Kindern ihrer*seiner Gruppe zusammen, sondern auch mit deren Familien, mit den anderen Gruppen und deren Kolleg*innen, mit Ergotherapeut*innen, Logopäd*innen, Schulen, Sportvereinen, … und alle bringen ihre Bedürfnisse und Erwartungen mit, die nicht unbedingt gleich sind. Sich darin nicht zu verlieren und professionell zu bleiben, ist eine Herausforderung. Auch ist es nicht leicht, die Gruppe und die Individuen in gleichem Maße zu sehen – ganz egal, in welchem Bereich ich tätig bin. Also jederzeit bedürfnisorientiert, wertschätzend und professionell zu arbeiten – das kann erfüllend sein, aber auch herausfordernd. Doch das haben die Menschen, mit denen man arbeitet, verdient.“

Da schließt sich wieder der Kreis der Erzählung: Erzieher*innen arbeiten mit großer Wahrscheinlichkeit mit vielen, verschiedenen Menschen zusammen. Bei uns an der bunta ist der Sozialbereich recht groß und facettenreich und viele Schüler*innen träumen davon Erzieher*innen zu werden. Einige haben bei uns mit der Kinderpflegeausbildung gestartet und sich Stück für Stück zur*zum Erzieher*in vorgearbeitet. Kannst du uns diesen Bildungsweg nochmal erklären? Viele Leser*innen fragen immer wieder danach.
„Gern! An der bunta ist es möglich, mit der Berufsreife in die Ausbildung zur*zum Kinderpfleger*in zu starten und parallel die Mittlere Reife nachzuholen. Absolviert man beides erfolgreich, kann man die Ausbildung zur*zum Sozialassistent*in antreten. Schließt man diese ebenfalls erfolgreich ab, qualifiziert man sich zur Ausbildung zur*zum Erzieher*in.Â
Ich finde es wirklich toll. Es gibt viele Schüler*innen, die aufgrund von unschönen Schulbiographien bei uns starten – oft mit viel Respekt, oder sogar Angst, da sie Schule mit nichts Gutem verbinden. Sehr häufig hören wir schon nach den ersten Wochen, dass es an der bunta ganz anders ist. Aufgrund dieser neuen Erfahrungen, die die Schüler*innen machen können, bekommen sie die Chance im sozialen Bereich Fuß zu fassen. Das ist ohne die Mittlere Reife nun mal nicht möglich. Ich sehe das absolut als Chance!“
Wie hast du die Entwicklung dieser Schüler*innen erlebt?
„Unter den 15 Schüler*innen meiner Klasse, die ich letztes Jahr verabschiedet habe, waren sechs Schüler*innen, die ich seit der Kinderpflegeausbildung begleitet habe. Vor allem konnte ich in dieser Zeit beobachten, wie ihr Selbstbewusstsein immer weiterwuchs. Die Schüler*innen trauten sich immer mehr zu und haben ihre Kompetenzen und Stärken erkannt und eingesetzt. Viele von ihnen waren am Anfang sehr unsicher. Manchmal war auch noch unklar, wo sie hinmöchten – das verändert sich von Jahr zu Jahr und das ist natürlich toll zu sehen. Starke und kompetente Fachkräfte in die Arbeitswelt zu entlassen – das ist ein gutes Gefühl.“
Das klingt wirklich schön. Und dann haben die Schüler*innen während ihrer Erzieher*inausbildung ja sogar noch die Chance, ihre Fachhochschulreife nachzuholen. Was hältst du davon?

Von Berufsreife zum Studienplatz
„Auch das finde ich sehr sinnvoll. Es gibt inzwischen ja noch viele Möglichkeiten darüber hinaus, die man anstreben kann und ein Studium gibt einem nochmal ganz andere Einsichten und Erkenntnisse. Wenn man für einen Bereich oder eine Thematik brennt, dann ist es doch eine tolle Gelegenheit, dieses über ein Studium zu vertiefen.
Im letzten Jahr haben zwei Schüler (die übrigens mit der Ausbildung zur*zum Kinderpfleger*in an unserer Schule gestartet sind) von der Schule ein Empfehlungsschreiben für einen Studienplatz bekommen.“
Wow, das ist wirklich großartig! Angie, du hast es bereits gesagt: Du warst Leitung einer Erzieher*inklasse. Einige von ihnen hast du jahrelang unterrichtet. Wie hast du das empfunden?
„Das ist eine Besonderheit, die die Ausbildung an dieser Schule mit sich bringt. Viele der Schüler*innen haben wir ja schon in den vorangegangenen Ausbildungen begleitet und das ist einfach so schön zu erleben, wie sie dann nach fünf oder gar sechs Jahren ihren Abschluss entgegennehmen. Das ist sehr emotional und berührend. Auch wenn man zurückschaut und sich erinnert, wie die Schüler*innen gestartet sind…In dieser ganzen Zeit passiert so viel und ich wünsche jeder und jedem einzelnen vom Herzen eine glückliche und tolle Zukunft! So viele Geschichten, die man im Alltag begleitet – und das sind nicht unbedingt immer Schulgeschichten. Das macht die Arbeit aber auch so spannend und schön!“

Jede*r Schüler*in ist eine eigene Geschichte
Apropos Werdegänge und Geschichten…Gibt es etwas, woran du dich besonders gern zurückerinnerst?
„Jede*r einzelne*r Schüler*in ist eine Geschichte, an die man sich gerne zurückerinnert. Genau das macht diesen Beruf und den Alltag an der Schule so besonders und wertvoll. Je länger die Schüler*innen an der Schule sind, desto länger die Geschichte. Aber egal, ob Kurzgeschichte oder Roman – alles ist wertvoll und hat seinen besonderen Platz.“
Zum Abschluss werden auch dir unsere bekannten zwei Fragen gestellt. Erstens: Für wen ist der Ausbildungsgang Erzieher*in etwas?
„Für alle Menschen, die gemeinsam wachsen wollen.“
Und zweitens: Wie würdest du den Ausbildungsgang in 3 Worten beschreiben?
„Das ist nicht möglich, denn es braucht viel mehr Worte, um diese Ausbildung zu beschreiben.“
Vielen lieben Dank für das tolle Interview, Angie!
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