Let’s talk about…Ergotherapie
Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten arbeiten mit Menschen jeden Alters zusammen, die durch physische oder psychische Erkrankungen beeinträchtigt sind. Mit verschiedenen Therapiemaßnahmen verhelfen sie ihren Klientinnen und Klienten wieder zu mehr Lebensqualität. Ergotherapeut*in zu sein, bedeutet dementsprechend facettenreich zu arbeiten – und das ganz nah an und mit den Menschen.
Unsere bunta bietet den Ausbildungsgang zur*zum Ergotherapeut*in an. In drei Jahren werden die Schüler*innen zu Problemlöser*innen und Gesundheitsberater*innen ausgebildet. Um dir einen genauen Einblick in die Ausbildung zu geben, beantworten gleich zwei Expertinnen die häufigsten Fragen. Expertinnen? Aber ja! Denn wer könnte die Ausbildung an der bunta und den Beruf besser kennen, als eine Schülerin UND eine Lehrerin der Ergotherapie?
Hallo ihr beiden. Könnt ihr euch den Leser*innen bitte vorstellen?
Jördis: „Hallo, ich bin Jördis und bin in der ERT 23. Für diejenigen, die es nicht wissen: ERT steht für den Ausbildungsgang Ergotherapie. Ich habe letztes Jahr im September meine Ausbildung begonnen. Mein erstes Jahr habe ich also geschafft!“
Carolin: „Mein Name ist Carolin Janetzki-Philipp. Seit mehr als einem Jahr unterrichte ich an der bunta und habe zudem die Fachbereichsleitung der Ergotherapie inne.“
Danke, dass ihr beide bei diesem Interview dabei seid! Liebe Jördis, erzähl gerne, wie du auf die bunta aufmerksam geworden bist. Wie hast du uns und die Ausbildung gefunden und wie lief dann auch der Bewerbungsprozess ab?
Jördis: „Ich habe im Internet nach Ergotherapie-Schulen in Rostock gesucht und bin so auf die bunta gestoßen. So habe ich auch vom Infotag erfahren, der schon wenige Tage später stattfand. Ich konnte mir also gleich die Schule anschauen. Dieser Tag hat mich sehr in meinen Wunsch bestärkt, mich genau an dieser Schule zu bewerben. Als ich eine Einladung zur Vorstellungsrunde und schließlich auch die Zusage bekommen habe, war meine Freude sehr groß.“
Uns freut es ebenso sehr. Wie bist du damals auf die Ergotherapie gekommen und warum hast du dich für den Ausbildungsgang entschieden?
Jördis: „Durch ein Schülerpraktikum bin ich auf den Beruf der Ergotherapeutin gekommen. Ich empfand diesen Beruf als sehr abwechslungsreich, so hat man doch mit jeder Altersgruppe und verschiedenen Krankheitsbildern zu tun. Das fand und finde ich noch immer sehr spannend.“
Gehen wir gemeinsam mal zurück zum Anfang. Die Ausbildung hat begonnen und ihr lernt euch alle untereinander kennen. Caro, gibt es Charaktereigenschaften und Motivationen, die alle Auszubildenden der Ergotherapie gemeinsam haben?
Caro: „Die ergotherapeutische Arbeit setzt voraus, mit Menschen zu interagieren, die aufgrund einer Erkrankung Betätigungsprobleme haben und in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt sind. Daher ist es wichtig, dass die Auszubildenden ein gewisses Maß an Empathie mitbringen. Nur so können sie ihren Klientinnen und Klienten auf Augenhöhe, ohne Wertung und mit Interesse begegnen.
„Respekt, Toleranz, Hilfsbereitschaft, Teamfähigkeit…Das braucht es für die ergotherapeutische Arbeit.“
Außerdem ist es wichtig, dass die Auszubildenden eigeninitiativ, belastbar, lernbereit und diszipliniert sind. Das hilft ihnen auch, die Ausbildung gut zu absolvieren. Natürlich sind auch gewisse Sozialkompetenzen vonnöten, da sie in ihrer Klasse und auch später im Beruf in einem sozialen Gefüge interagieren. Respekt, Toleranz, Hilfsbereitschaft, Teamfähigkeit…Das braucht es für die ergotherapeutische Arbeit.“
Achtet ihr auch bereits im Bewerbungsgespräch darauf, dass die potenziellen Auszubildenden die Eigenschaften, Kompetenzen und Fähigkeiten mitbringen?
Caro: „Ja, wir achten darauf. Unsere Bewerbungsgespräche finden im Gruppensetting statt – ein standardisiertes Auswahlverfahren gibt es dabei nicht. Es kommen jedoch kleinere Anforderungen auf unsere potentiellen Auszubildenden zu. Das kann eine schriftliche Aufgabe in Anlehnung eines Motivationsschreibens sein. Oder auch ein Kooperations- bzw. Kommunikationsspiel, um einen ersten Einblick zu erhalten, wie sie miteinander umgehen und ob sie Verantwortung übernehmen können. Möglich ist aber auch, dass sie eine kleine handwerkliche Aufgabe erledigen sollen, um sie auf Kreativität, Analytisches Denken oder Problemlösefähigkeit zu testen.“
Jördis, wie siehst du das? Gibt es etwas, das du und deine Mitschüler*innen alle teilt?
Jördis: „Wir sind alle sehr aufgeschlossen.“
Bleiben wir direkt bei dir, Jördis. Wie war deine erste Zeit an der bunta? Gab es auch Herausforderungen, vor denen du gestellt wurdest?
Jördis: „Am Anfang der Ausbildung hatte ich großes Heimweh. Ich war alleine in einer fremden Stadt. Aber dadurch, dass ich so nette Klassenkamerad*innen habe und ich mich in der Schule und auch dort, wo ich wohne, sehr wohl fühle, hat sich das schnell gelegt. Ich hatte anfänglich auch Angst vor dem Fach Anatomie. Da muss man schon sehr viel lernen. Aber ich finde das Fach sehr interessant. Das macht es um einiges leichter.“
Facettenreich, facettenreicher, Ergotherapie
Schön, dass ihr so ein gutes Klassengefüge habt. Lasst uns nun gemeinsam die Ausbildung näher betrachten. Was beinhaltet die Ausbildung zur*zum Ergotherapeut*in? Welche Fächer und Module gehören zum Pflichtprogramm?
Caro: „Puh, die Liste an Fächern ist lang…Im ersten Ausbildungsjahr erwartet unsere Azubis eine Mischung aus Berufskunde, Anatomie, Physiologie, Biologie, Psychologie, Pädagogik, Grundlagen der Ergotherapie, Medizin-Soziologie sowie die verschiedenen Fächer der handwerklich-gestalterischen Techniken (Ton, Holz, Pappe/Papier, etc.).“
Hast du unter diesen auch dein Lieblingsfach gefunden, Jördis?
Jördis: „Ja. Meine Lieblingsfächer sind Psychologie, Englisch und Medizin-Soziologie. Mir gefallen aber bisher so gut wie alle Themen, die wir behandelt haben. Alles ist irgendwie spannend und/oder interessant. Aber wie gesagt: besonders gefällt mir der psychische Bereich.“
Die Lehrkräfte an der bunta versuchen mit einer großen Methodenvielfalt zu arbeiten. Gibt es zum Beispiel Projekte, die du besonders mochtest?
Jördis: „Mal ein Beispiel: Im März waren meine Klasse und ich in einer Tagespflege, um älteren Menschen ergotherapeutische Angebote zu ermöglichen. Das ist im Rahmen des Fachs Medizin-Soziologie passiert.“
Yin und Yang Theorie und PraxisÂ
Ah, ihr seid also auch praktisch geworden. So soll der Unterricht an der bunta ja auch sein: realitätsnah und praxisorientiert.
Jördis: „Ist er. Ich bin natürlich noch am Anfang meiner Ausbildung, aber bisher ist die Verbindung aus Theorie und Praxis sehr gut. Je nach Stoff und Thema haben wir auch mal Unterricht in unseren Handwerksräumen. Außerdem absolvieren wir in den drei Ausbildungsjahren insgesamt vier Praktika. Die meisten davon sind im 2. Lehrjahr. Im 1. Lehrjahr hat man noch keine Praktika, damit wir erst einmal die theoretischen Grundlagen haben.“
Caro: „Theorie muss selbstverständlich sein. Aber sie soll mit der Praxis auch Hand in Hand gehen können. In der Ergotherapie ist das für unsere Auszubildenden enorm wichtig. Deswegen haben wir zwei große Handwerksräume, die z. B. mit verschiedenen elektrisch betriebenen Sägen und einem Brennofen ausgestattet sind. Da können sich die Auszubildenden so richtig austoben und in die Selbsterfahrung gehen.“
Jördis: „Außerdem gibt es noch das Pflegezimmer.“
Caro: „Richtig. Das ist für euch angehende Ergotherapeut*innen ebenfalls ein wichtiger Raum zum Lernen. Im Pflegezimmer können die Auszubildenden z. B. verschiedene Transferarten üben, also wie sie die Patient*innen am besten aus dem Bett und in den Rollstuhl befördern. Außerdem werden die Auszubildenden noch in unserer Lehrküche tätig. Hier können sie erproben, wie ihre Klient*innen am besten selbstständig Mahlzeiten zubereiten, wenn sie dafür Hilfsmittel benötigen oder auch nur einen Arm nutzen können. Solche Selbsterfahrungen fördern das Verständnis und helfen dabei, geeignete Methoden für die zukünftigen Klient*innen zu finden.“
Vier verschiedene Praktika – vier verschiedene Bereiche
Das ist die Praxis in der Schule. Aber Jördis hat noch einen weiteren Rahmen angesprochen, in dem die Schüler*innen praktisch tätig werden: in ihren Praktika.
Caro: „Genau. Auch diese sind dafür da, Theorie und Praxis zu verknüpfen und damit berufliche Handlungskompetenz zu erwerben. Es handelt sich hierbei um vier Praktika in vier verschiedenen Fachbereichen für jeweils zehn bis zwölf Wochen. In dieser Zeit tauchen die Auszubildenden in die Arbeitsrealität von Ergotherapeut*innen ein – hospitieren, beobachten, führen erste eigene Therapieeinheiten durch, reflektieren diese mit ihren Anleiter*innen und so weiter.
Zudem gibt es in jedem Praktikum sogenannte Sichtstunden. Hierfür suchen sich die Auszubildenden in Rücksprache mit ihren Anleiter*innen Klient*innen aus, welche sie im Rahmen eines Praktikumsberichtes befunden. Daraus sollen sie Ziele ableiten, eine Behandlungsplanung erstellen und schlussendlich auch Therapieeinheiten durchführen. Zudem planen sie eine weitere Therapieeinheit, bei der eine Lehrkraft aus der Schule und die Anleitung aus der Einrichtung anwesend sind. Im Anschluss an die durchgeführte Therapie wird diese vonseiten der Auszubildenden im Reflexionsgespräch analysiert.
In jedem Praktikum kommen die Auszubildenden für zwei „Schultage“ wieder zurück an die bunta. Am ersten Tag stellen sie ihre Einrichtung und ersten Erfahrungen vor. Am zweiten Tag findet ein sogenanntes Therapeutisches Colloquium statt. Hierbei stellen die Auszubildenden ein*e Klient*in vor. Das beinhaltet Krankheitsbild, Symptome, Ziele usw. Daraus leiten sie dann Behandlungsansätze ab, die in der Klasse diskutiert werden.“
Der Traum von der eigenen Praxis
Freust du dich schon auf die Praktika, wenn du das hörst, Jördis?
Jördis: „Sehr! Auch, wenn das alles natürlich super aufregend ist. Auf die leichte Schulter nehme ich das nicht. Aber ich freue mich einfach darauf, Ergotherapeutin zu werden. Mein kleiner Traum ist es, eines Tages eine eigene Praxis zu eröffnen.“
Du weißt also schon ganz genau, wohin die Reise gehen soll – das ist ja super!
Sich als Ergotherapeut*in finden und kennen
Caro: „Ist es wirklich! Aber natürlich geht es nicht allen Auszubildenden so. Aber auch da können die Praktika helfen. Diese finden ja in verschiedenen Bereichen statt. Im psycho-sozialen Bereich, z. B. in einer psychiatrischen Einrichtung. Im motorisch-funktionellen Bereich, z. B. in Reha-Kliniken. Im arbeitstherapeutischen Bereich, z. B. in Werkstätten für beeinträchtigte Menschen. Und im neuropsychologischen/neurophysiologischen Bereich, z. B. in einer Senioreneinrichtung. In den verschiedenen und vielfältigen Arbeitsbereichen zu arbeiten, hat den Vorteil, dass unsere Auszubildenden auf alles gut vorbereitet sind und bereits einige Erfahrungen gesammelt haben. So sind die Praktika auch eine wichtige Entscheidungshilfe. In welchem Bereich sehe ich mich? Was liegt mir besonders gut? Das können sie sich danach beantworten.“
Es kommt immer und immer wieder raus, wie vielfältig die Ergotherapie ist. Kann man diese überhaupt in wenigen Worten zusammenfassen?
Jördis: „Für mich bedeutet Ergotherapie: Anderen Menschen helfen, sich selbst zu helfen. Oder diese, dabei zu unterstützen, in und mit ihrer Umwelt, so gut wie es geht, zurecht zu kommen. Oder noch kürzer: sozial und gemeinsam arbeiten.“
Das ist wirklich auf den Punkt! Wen würdest du diesen Ausbildungsgang empfehlen, Jördis?
Jördis: Perfekt ist die Ausbildung für diejenigen, die sowohl im sozialen als auch im medizinischen Bereich arbeiten wollen.
Und jetzt ist auch noch das Schulgeld entfallen, sprich noch mehr Interessent*innen haben Zugang zu dieser Ausbildung!
Jördis: „Ja, das ist total super. Jetzt können auch Personen, die Ergotherapeut*innen werden wollen, aber nicht die finanziellen Möglichkeiten haben, die Ausbildung antreten. Das ist für beide Seiten eine Bereicherung: Auch die Ergotherapie gewinnt damit tolle, neue Leute, die wirklich in dem Beruf arbeiten wollen.“
Zwei abschließende Fragen an euch. Caro, kannst du die Ausbildung zum*zur Ergotherapeut*in für alle Interessent*innen zusammenfassen?
Caro: „Letztendlich arbeiten Ergos an und mit Menschen. Die Ausbildung ist wie eine Pyramide aufgebaut. An der Basis finden sich Fächer wie Anatomie, Physiologie, Biologie und Psychologie, um den Menschen im Ganzen kennenzulernen.
Aus diesem Wissen leitet sich die nächste Stufe ab: Was passiert, wenn der menschliche Körper mit all seinen Elementen ins Ungleichgeweicht geraten ist? Hier setzen dann die Fächer der Allgemeinen und Speziellen Krankheitslehre an. Die Auszubildenden lernen hier verschiedene Krankheitsbilder u.a. aus dem psychiatrischen, orthopädischen, neurologischen, pädiatrischen und onkologischen Bereich kennen.
Dann beschäftigen sie sich mit ergotherapeutischen Behandlungsverfahren und erfahren, welche Einflussmöglichkeiten, Behandlungsansätze, Mittel und Medien sie einsetzen können, um einen positiven Effekt zu erzielen. Â
Die Praxisphasen dienen der Anwendung des erworbenen Wissens. Mit ihnen wird die Theorie quasi mit Leben gefüllt. Die Auszubildenden probieren sich im geschützten Rahmen und unter Anleitung aus und reifen in ihren Therapeutinnen- und Therapeutenpersönlichkeiten. Denn schlussendlich geht es ja darum, berufliche Handlungskompetenz zu erwerben, um bestmöglich für das Berufsleben vorbereitet zu sein.“
Und Jördis, welche Tipps hast du für alle zukünftigen Ergotherapie-Auszubildenden?
Jördis: „Lernt Anatomie von Anfang an ordentlich.“